Geschichten aus der Schmuckgeschichte

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November –  Monat des Gedenkens

Im November sind die Tage kürzer und dunkler. Man zieht sich in die „gute Stube“ zurück. Mit Allerseelen beginnt der Reigen der Gedenksonntage.

Im Zeitalter des Barocks mit dem Motto „memento mori“ – also „Bedenke, dass Du sterben wirst“ – waren Symbole des Todes in der Kunst überall gegenwärtig. Da man ja in einer verwirrenden Zeit des 30-jährigen Krieges und der Religionskriege lebte, war die Lebenserwartung wirklich nicht sehr hoch. Gegen Krankheiten hatte man wenig Heilmittel entgegenzusetzen. Aber mit dem Spruch „carpe diem“  –  „nütze den Tag“ waren die Menschen in dieser Zeit auch gleichzeitig lebensfroh und ausgelassen. Wenn sie konnten wurde der Luxus auf die Spitze getrieben – man genoss das Leben in vollen Zügen, denn man wußte ja nicht wann es damit vorbei war. So findet man aus der Barockzeit auch in der Goldschmiedekunst Ringe mit Totenköpfen und Särgen mit Miniatur-Skeletten.

Andenken-Schmuck war aber auch im Biedermaier sehr angesagt. Man nahm das Haar eines geliebten Menschen und webte kunstvolle Haarketten daraus, es gab auch Bilder aus Haar, das man unter Glas in einem Medaillon am Herzen trug. Im Viktorianischen England wurde der sogenannte „Trauerschmuck“ ganz groß geschieben. Man verwendete Jet – eine Art bituminöser Kohle – weil das Material relativ leicht und natürlich – schwarz – ist. Auch schwarzes Glas oder Onyx wurde verarbeitet.

Die Verwendung von menschlichen Haaren als Schmuck erscheint uns heute vielleicht etwas skurril. Dennoch ist der Gedanke etwas von einem vertrauten Menschen immer bei sich zu haben durchaus charmant und liebenswert.

Vor vielen Jahren kam der Drehbuchautor Thomas H. zu uns und brachte uns das Schmuckkästchen seiner viel zu früh verstorbenen Mutter. Wir sortierten für ihn Modeschmuck und Goldschmuck. Da blieb sein Blick an einem Ring hängen, den seine Mutter viel getragen hatte.  Den wollte er selber tragen. Natürlich war das Stück zu feminin für einen Herrn. Aber wir fanden ein Design und gestalteten diesen Ring für ihn neu. Er suchte sich bei uns noch gelbe Saphire aus, die für das sonnige Gemüt seiner Mutter stehen sollten. Als er sich das fertige Stück an den kleinen Finger steckte, war er sehr gerührt. „Jetzt habe ich etwas von meiner Mutter immer bei mir.“ waren seine Worte.

Ähnlich erging es einer jungen Frau, die mit den Trauringen ihrer Eltern zu uns kam. Eigentlich wollte sie die Ringe einschmelzen und sich etwas Neues daraus fertigen lassen. Aber ich spürte, dass sie sich mit dem Gedanken nicht so recht anfreunden konnte. Man hatte ihr wo anders gesagt, „aus den Ringen könne man nichts mehr machen“. Wir haben die Ringe auf ihre Ringweite gebracht und aneinander gelötet. Die junge Dame war sehr glücklich über diese Lösung – und die ist noch erweiterbar: Irgendwann kann man auch noch eine Fassung für einen kleinen Lieblingsstein darauf setzen.

Aber es müssen nicht immer Schmuckstücke sein, die zum Andenken getragen werden wollen….. da gibt es ganz viele andere Möglichkeiten: kleine Fundstücke aus einem schönen Urlaub, ein kleiner Rosenzweig, ganz besondere Steine und vieles mehr. Wir haben sogar schon einen Pferdemilchzahn in ein überaus kostbares Juwel verwandelt.

Natürlich stand der Geldwert dieser Dinge oft in keinem Verhältnis zum Aufwand und Wert des daraus entstandenen Schmuckstücks. Aber das ist ja gerade das Interessante an dieser Art von Talisman: durch die kostbare Verarbeitung erhöht man ja den Wert dieser Andenken. Man gibt ihnen einen wervollen Rahmen und dann können sie uns täglich begleiten. Sie sind ganz und gar individuell und einzigartig mit einer ganz persönlichen und geheimnisvollen Bedeutung und Aussage.

Als Gegenentwurf im Zeitalter der Massenprodukte.